Das unverzichtbare Fundament jeder NPO

Eine Organisation - nennen wir sie „Charity Care” - unterstützte bedürftige Familien. Mit Spendengeldern. Allerdings gibt es keine einsehbaren Jahresabschlüsse. Auch auf der Webseite sind nur wenig Informationen zu finden über die Tätigkeiten.

Der Vorstand trifft wichtige Entscheidungen ohne Beratung oder Dokumentation. Ein grosses Projekt wird gestartet, ohne dass eine Machbarkeitsstudie oder Risikobewertung durchgeführt wird. Dadurch entstehen hohe finanzielle Verluste. Spendengelder gehen verloren.

Schliesslich wird bekannt, dass einige Vorstandsmitglieder persönliche Interessen über die Bedürfnisse der Organisation stellen. Es gibt Interessenskonflikte. Gelder fliessen an Unternehmen, die von Verwandten der Vorstandsmitglieder geführt werden.

Die Spender:innen sind enttäuscht. Verständlicherweise. Die Medien berichten über die finanziellen Unregelmässigkeiten. Charity Care muss schliessen. Die bedürftigen Familien gehen leer aus.

Was ist falsch gelaufen?

Die Geschichte von Charity Care zeigt deutlich: Eine gute Führung und Steuerung ist das Fundament auf dem jede Non-Profit-Organisation aufbaut. Sie ist die Grundlage für Vertrauen. Und ohne Vertrauen von Spender:innen, Mitgliedern und der Gemeinschaft kann eine NPO ihre Ziele kaum erreichen. Was hätte Charity Care also anders machen können?

Governance als Fundament

Charity Care hat in mehreren entscheidenden Bereichen der Governance - also der Steuerung und Führung der Organisation - versagt. Transparenz, Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und ethische Grundsätze waren ungeklärt oder unausgesprochen. Eine Verbesserung der Governance hätte dazu beitragen können, die beschriebenen Probleme zu vermeiden.

Heutzutage gibt es anerkannte Standards die idealerweise in jeder NPO gelten sollten:

1. Transparenz und Rechenschaft
Transparenz ist der Schlüssel zur Vertrauensbildung. Ihre NPO sollte über Finanzen, Aktivitäten und Erfolge offen kommunizieren. Regelmässige Berichte, zugängliche Finanzdaten und klare Informationen über die Verwendung von Spenden helfen, Vertrauen aufzubauen und zu erhalten. Veröffentlichen Sie den Jahresbericht mit den Finanzzahlen auf der Webseite.

2. Ethik und Integrität
Eine starke ethische Grundlage und Integrität in allen Handlungen sind unerlässlich. Dies bedeutet, dass die Organisation sich an ihre Mission hält. Sie befolgt ethische Richtlinien und vermeidet jegliche Form von Korruption oder Missbrauch. Haben Sie beispielsweise einen Verhaltenskodex? Ethisch-moralische Richtlinien? Ja? Dann publizieren Sie sie! Nur schon zu wissen, dass sich Ihre Organisation damit auseinandergesetzt hat, wird positiv wahrgenommen.

Wenn nein, lohnt es sich, im Stiftungsrat oder Vereinsvorstand diese Themen aufzugreifen und zu verschriftlichen. So stellen Sie sicher, dass alle Verantwortlichen die selbe Ausgangslage haben. Und merken auch, wenn unterschiedliche Vorstellungen vorhanden sind.

3. Partizipation und Einbindung der Stakeholder
Die Einbindung von Spendenden, Mitgliedern, Begünstigten und der Gemeinschaft in Entscheidungsprozesse stärkt das Vertrauen. Wenn Stakeholder sehen, dass ihre Meinungen und Anliegen berücksichtigt werden, fühlen sie sich wertgeschätzt und unterstützt. Konkret: befragen Sie Ihre Vereinsmitglieder zu deren Bedürfnissen. Holen Sie die Meinung der von Ihnen unterstützen Personen ab. Laden Sie Spender:innen ein und zeigen Sie ihnen Ihre Arbeit.

4. Effektive Governance
Gute Governance spielt eine zentrale Rolle bei der Vertrauensbildung. Sie umfasst festgelegte Strukturen und Prozesse, die sicherstellen, dass die Organisation effizient und ethisch geführt wird. Formulieren Sie Grundsätze, wie Ihre Stiftung geführt werden soll. Wie die Zuständigkeiten geregelt sind. Welche Grundsätze gelten in der Führung Ihrer Organisation.

Denn: Gute Governance stellt sicher, dass Ihre NPO oder Förderstiftung nicht nur ihre Ziele erreicht. Sondern dass sie es auf eine Weise tut, die ethisch, transparent und verantwortlich ist. Es hilft, das Vertrauen zu stärken und langfristige Unterstützung zu sichern. Gute Governance ist nicht nur ein internes Kontrollinstrument. Sie ist auch ein Signal an die Aussenwelt, dass Ihre Organisation vertrauenswürdig und zuverlässig ist.

Durch die Implementierung guter Governance-Praktiken zeigen Sie, dass Sie Ihre Mission ernst nehmen und bereit ist, sich für die Gemeinschaft einzusetzen. Mit allem, was dazugehört.

Wo aber können Sie sich orientieren? Was sind gute, anerkannte Praktiken?

Swiss Foundation Code: Mehr als nur eine Richtlinie

Ein wichtiges Regelwerk zur Führung einer gemeinnützigen Stiftung ist der Swiss Foundation Code. 2005 erstmals erschienen, gehört er heute zu den europaweit renommiertesten Good Governance Richtlinien für gemeinnützige Stiftungen. Er bietet wertvolle Orientierung für die Führung von gemeinnützigen, operativ tätigen Stiftungen.

Ebenso ist er aber für Führungskräfte von Vereinen unbedingt lesenswert!

Der Swiss Foundation Code beinhaltet 28 Empfehlungen und detaillierte Anleitungen zu verschiedenen Aspekten:

Gründung: Empfehlungen zur Strukturierung der Stiftungsorgane, der Stiftungsurkunde, der Richlinien und des Leitbilds

Führung: Empfehlungen zur Funktion und Organisation des Stiftungsrates, zum Umgang mit Interessenskonflikten oder zur Bestellung einer Geschäftsführung

Finanzmanagement: Richtlinien zur transparenten und effizienten Verwaltung von Stiftungsgeldern, Vermögensbewirtschaftung oder Anlagestrategien

Förderstrategie: Empfehlungen zur Entwicklung und Umsetzung wirkungsvoller Förderprogramme, Gewinnung von Projekten und Wirkungsmessung.

Kurzum: er umfasst alle wichtigen Themengebiete für die seriöse Führung einer gemeinnützigen Institution.

Der 250-Seiten umfassende Code ist sehr leicht lesbar geschrieben. Auch für Personen verständlich, die aus anderen Branchen stammen - was ja vor allem bei Stiftungsratsmitgliedern oft der Fall ist.

Übrigens: In der Schweizer Rechtsprechung gilt der Swiss Foundation Code mittlerweile als “bedeutende Referenz”.

In Liechtenstein geht die Rechtsprechung noch einen Schritt weiter. So hat der liechtensteinische Oberste Gerichtshof in einem Urteilsspruch* festgehalten:

“Zur Auslegung der Pflichten eines Stiftungsrates im Hinblick auf allfällige Interessenkollisionen ist Empfehlung des Swiss Foundation Code zu berücksichtigen”.

Aus der Empfehlung wird somit faktisch eine Verpflichtung. Somit ist jede verantwortliche Person auch aus rechtlichen Gründen gut beraten, sich mit diesen Best-Practice-Empfehlungen auseinanderzusetzen.

Die Geschichte von Charity Care zeigt, dass eine Non-Profit-Organisation ohne Transparenz, Rechenschaftspflicht und ethische Führung scheitern kann. Gute Governance ist unerlässlich, um das Vertrauen der Spender:innen und der Gemeinschaft zu gewinnen und zu erhalten. Sie ist auch unerlässlich, wenn eine Stiftung langfristig und wirksam tätig sein will.

Setzen auch Sie in Ihrer Organisation bewährte Praktiken der Transparenz, ethischen Integrität, Stakeholder-Einbindung und effektiven Risikomanagements um. So können Sie Ihre Mission nachhaltig, wirksam und seriös erfüllen.

(*Urteil 03 CG.2006.354 vom 4. 6. 2009)

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