Das Auge isst mit

Auch beim Fundraising.

Diese Woche: ein Spendenaufruf einer Hilfsorganisation im Briefkasten.

Im Couvert:

  1. Ein sechsseitiges Magazin, hinten und vorne voll bedruckt. Bilder von Männern, Überschriften, Buttons, Text en masse.

  2. Eine zweiseitige Einladung zu einem Anlass mit Anmeldetalon. Bilder von Männern, Überschriften, Buttons, Zeitplan des Anlasses, Puh….

  3. Ein A3-Flyer gefaltet, mit Anmeldemöglichkeit und QR-Code für den Newsletter und mit zwei Einzahlungsscheinen. Einer für den einen Zweck. Einer für den anderen Zweck. Vorne drauf ein Kind.

  4. Ein schmaler Flyer im Hochformat mit Bestellmöglichkeit für ein Buch zum entsprechenden Thema. Vorne drauf eine Frau.

Ganz schön viel.

Ich wollte es wegschmeissen. Dann dachte ich aber, dass ich dieses Beispiel für diesen Blog nutzen könnte. Sozusagen als Worst-Practice-Beispiel. Wie man es nicht machen sollte.

Und es war gar nicht der Inhalt, der mich nicht angesprochen hätte. Oder weswegen ich nichts gespendet hätte. Weil den habe ich gar nicht gelesen. Denn es war alles zu verwirrend.

Erschlagen von der Unklarheit

Es war die schiere Menge an Informationen. Die Unklarheit. Sie hat mich glatt erschlagen. Ich wusste ja schon beim Öffnen des Couverts, dass es von einer Spendenorganisation kommt. Doch ich konnte nicht in Kürze einordnen was sie wollen.

  • Die unterschiedliche Bildsprache. Männer, Frauen, Kinder. Was denn nun? Wem soll ich helfen?

  • Die vielen Schriften, Logos, Buttons, Überschriften, Texte. Was wollt ihr mir vermitteln?

  • Die Angebote, EInladungen, Spendenaufrufe. Was wollt ihr, dass ich tue?

Kurzum: Mein Auge war schlicht überfordert.

Weniger ist mehr

Kann eine Nachricht nicht gleich eingeordnet werden, wird sie - wie bei Tinder - im Gehirn weggewischt. Nach links (oder war es rechts?). Die Angeschriebenen machen sich gar nicht erst die Mühe, den Text zu lesen. Weil ihr Auge gar nicht erfasst, worum es überhaupt geht.

Daher gilt auch hier das Motto: Weniger ist mehr. Überfordert eure Spender: innen nicht. Sie kennen euch und eure Organisation nicht so gut wie ihr. Sie hören (oder lesen) vielleicht drei-, viermal im Jahr von Euch. Bietet euren Inhalt happenweise an:

Wenn ihr ihnen ein Buch verkaufen wollt, macht das.

Wenn ihr eine Spende möchtet, bittet sie darum.

Wenn ihr sie zu einem Anlass einladen möchtet, tut es.

Aber nicht gleichzeitig. Überbordend. Überladen.

Macht es einzeln. Klar, Grosse Bilder. Aussagekräftig. Macht es den Spender: innen einfach.

Ein Flyer mit der Präsentation des Buchs. Eine Bestellmöglichkeit. Fertig.

Ein Spendenaufruf, ein Bild, ein kurzer Text, ein Einzahlungsschein. Fertig.

Oder eine Einladung. Ein Anmeldetalon. Fertig.

Die Angesprochenen müssen innert 5 Sekunden kapieren, was ihr wollt. Dann entscheiden sie, ob sie das gut finden oder nicht. Bis zur Entscheidungsfindung bin ich nämlich gar nicht gekommen. Ich habe davor entschieden, dass das alles zu kompliziert ist.

Tipp: Macht einen Dummie Test, bevor ihr den Spendenaufruf an 5’000 Leute verschickt. Fragt euren Nachbarn Hans oder eure Mutter, ob sie auf den ersten Blick verstehen, worum es im Spendenaufruf geht. Denn Leute wie Hans oder Mama sind genau die, von denen ihr gerne eine Spende erhalten möchtet. Und von denen ihr möchtet, dass sie euch auch künftig unterstützen.

Ihr wollt alles geben

Ich weiss, ihr seid begeistert von eurer Organisation. Eurer Mission. Eurer Arbeit. Ihr wollt eurem Umfeld so viel als möglich mitteilen über eure Arbeit. Sie einladen, motivieren, animieren. Am liebsten gleichzeitig. Mir ging es auch so. Am liebsten hätte ich Romane geschrieben, was wir mit einer Spende alles bewirken könnten. Doch es überfordert.

Und dann kippt das Ganze ins Gegenteil. Sie schmeissen eure Arbeit weg. Ungelesen.

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